Sonntag, 25. März 2012

んみゃ~ち

Miyako-jima ist nicht ganz der südlichste bewohnte Punkt Japans, aber verdammt nah dran. Einzig die Yaeyama-Inseln um Ishigaki-jima liegen noch südlicher und natürlich einige unbewohnte Felsen im Pazifik wie Okinotorishima. Das Klima subtropisch, die Temperaturen jeden Tag über 25°und ein azurblaues, badewannenwarmes Meer. Kurz: der Himmel auf Erden. Der Hinflug war schon sehr verheißungsvoll, denn Skymark-Airlines malt immer Glückssymbole auf ihre Flugzeuge, diesmal gab es ein Herz und ich musste erstmal an Stephanie denken...





Am Flughafen gelandet wurde das Gepäck abgeholt und in der Wartehalle stand auch schon Fumiya-kun mit einem Schild von unserem Hostel. Was ich noch nicht wusste war, dass ab einer Woche Aufenthalt alle Service-Leistungen umsonst sind. So war der Flughafentransfer umsonst, das Fahrrad ausleihen, die Schnorchelausrüstung - einfach alles. Überhaupt war das Hostel ein Traum. Es war sauber, gemütlich und erzählte beim Anschauen der Wände so manche Geschichte von vergangenen Besuchern. Ich habe mich in der Zeit dort wirklich mit fast allen super verstanden und sollte ich irgendwann mal wieder die Gelegenheit haben, ich werde definitiv wieder im Tsurumi-sô wohnen! So viele schöne Abende am Stück hatte ich nie auf keiner Reise. Wir haben geredet, getrunken, gekocht, Dialekte gelernt und Kulturen verglichen. Unvergesslich!



Direkt über dem Hostel, das im Hafengebiet von Hirara, der einzig größeren Stadt der Insel, gelegen ist, fing auch schon die Geschichte an, die uns später zum versprochenen Gerhard Schröder bringen wird. Am 2. Juli 1873 verunglückte vor der Küste des Dörfchens Ueno, im südlichen Teil von Miyako-jima, das deutsche Handelsschiff R. J. Robertson. Die überlebenden 9 Besatzungsmitglieder wurden darauf hin inmitten des tobenden Taifuns von den Bewohnern der Insel gerettet und verbrachten 37 Tage in ihrer Obhut. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland, erreichte diese Geschichte auch den damaligen deutschen Kaiser Wilhelm I. Der Gute lies sich nicht lumpen und entsandte das Kriegsschiff Zyklop um einen Gedenkstein als Dank für diese Tat der Nächstenliebe nach Miyako zu bringen. Dieser Stein beschreibt auf Deutsch und Chinesisch den Unfallhergang und steht heute noch im Hafengebiet von Hirara - direkt neben dem Hostel.


Auch deshalb sind übrigens alle Sehenswürdigkeiten auf der Insel auch in deutscher Sprache beschriftet. Schon seltsam, am Ende der Welt - am Ende von Japan - überall deutsche Tafeln zu sehen. Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Geht eigentlich erst los. 1995 wurde in Ueno das deutsche Kulturdorf errichtet. Mit Herrenhaus, Burg und Originalteilen der Berliner Mauer. Direkt am Meer, dort wo 150 Jahre zu vor die Robertson auf Grund lief. Und weil dieser Ort eine Verbindung mit Deutschland hat kam auch Gerhard Schröder 2000 auf die Insel und besuchte Ueno. Jetzt gibt es auf Miyako also eine Gerhard-Schröder-Straße, einen Gerhard-Schröder Gedenkbaum und natürlich den Gerhard-Schröder-Gedenkstein.






Ein wenig wehmütig wird man aber dann doch, wenn man genauer hinsieht, denn auch am Kulturdorf ist die Wirtschaftskrise nicht spurlos vorbei gegangen. Es waren nicht wirklich viele Besucher dort, Zäune werden nicht mehr repariert sondern mit Seilen ersetzt, Putz bröckelt überall, das große Herrenhaus - mal ein Hotel gewesen - steht leer und ist verammelt und das Restaurant hatte nur noch leere Bierflaschen zu bieten als ich es besuchen wollte und im Kinderhaus mit den Mauerstücken stapelt sich Müll hinter verrammelten Türen. Kurz gesagt: ich erwarte nicht, sollte ich jemals nach Miyako zurückkehren, dass dieser Themenpark dann noch existiert. Und das ist schade, denn er ist recht interessant aufgemacht und sah in seiner Blütezeit wahrscheinlich nochmal besser aus.



Allerdings habe ich auch einen kleinen Schatz geboren. Die Geschichte der Robertson wurde nämlich als Comic umgesetzt und vom Kulturdorf vertrieben. Auch hier nagt allerdings die Verzweiflung an allen Ecken, ursprünglich für 1500 Yen vertrieben gibt es den Comic jetzt zum Schleuderpreis für 500 Yen. Hier scheint man nur noch froh zu sein, irgendwas loszuwerden. Der Manga ist jetzt nicht sonderlich hübsch gezeichnet, aber die Aufmachung ist ganz hübsch und die Geschichte auch spannend umgesetzt. Es wird natürlich noch einmal eine Stufe charmanter, wenn man gleich auf der ersten Seite den Stein von Wilhelm I. sieht, neben dem man quasi wohnt.



Davon abgesehen hat Miyako vor allem landschaftlich einiges zu bieten. Es gibt Unterwasserparks, Brücken, traumhaft blaues Meer, Korallenriffe, Felsen, Leuchttürme, Mangrovenwälder und vor allem wunderschöne Strände. Ich habe mir auch einen dicken Sonnenbrand geholt und natürlich war ich mehrmals im Meer baden, das Wasser war lauwarm. Dank des vorhandenen Fahrrads habe ich fast die gesamte Insel gesehen - meine größte Radtour erstreckte sich dabei über fast 70km ans östliche Kap der Insel und dann zurück zum Sunayama Strand. Anstrengend bei 27°- aber gelohnt hat es sich! Nachfolgend noch ein paar schöne Fotos von Strand und Natur.

Sunayama Beach




Fahrradtour nach Ikema-jima.







 ... und nach Kurima-jima, wo es die absolut leckeren Kurima-jima-miso-Soba gab! Wenn ihr mal hinkommt, gleich nach dem Aufstieg nach der Brücke auf der rechten Seite ist ein kleiner Laden Namens Fuifuima. Reingehen!




Und die 70km Tour nach Higashihennazaki mit anschließend erneutem Abstecher zum Sunayama Beach, um am letzten Abend noch den Sonnenuntergang einzufangen. Der Rückweg an der Küstenstraße war der Horror... auf... ab... auf... ab.... wie ein Schwein habe ich geschwitzt! Aber das Meer wartete ja auf mich....












Ja, das waren dann also meine 12 Tage im Süden. Und es war so schlimm, in Kobe bei 8° und Regen zu landen! Ich hoffe Kyoto zeigt sich bald auch von seiner frühlingshaften Seite. Laut Wetterbericht wird es Mitte der Woche schon wieder 15°, also kann man hoffen dass die Kirschblüten auch bald herauskommen. Bis dahin! 

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